Berufsbegleitende Lehrangebote
Lesen und Schreiben lernen im zweiten Bildungsweg
Lesen und Schreiben zu können gehört zu jenen Kulturtechniken die jeder Mensch beherrschen sollte. In Österreich sind rund 300.000 Menschen von Analphabetismus betroffen. Schätzungen über die Dunkelziffer der Anzahl jener Personen die nicht ausreichend und sinnerfassend lesen und schreiben können gehen von 600.000 aus.
Das Angebot im zweiten Bildungsweg lesen und schreiben zu erlernen richtet sich an diesen Personenkreis. In Österreich ist das Thema Analphabetismus und funktionaler Analphabetismus weitgehend tabu und Betroffene schämen sich darüber zu sprechen. Im Alltag und in der Berufswelt sind Analphabeten mannigfaltig benachteiligt.
Volkshochschulen
Vor allem Volkshochschulen in ganz Österreich bieten Alphabetisierungskurse an, auch private und öffentliche Organisationen haben ähnliche Angebote. Kurse werden hauptsächlich in größeren Städten angeboten. Das "ALFA-Telefon" bietet individuelle telefonische Erstberatung zum Thema Alphabetisierung und Basisbildung. Man möchte damit Menschen mit mangelnder Basisausbildung unterstützen.
Hauptschulabschluss
Die Möglichkeit den Hauptschulabschuss an einer Schule, als regulärer Schüler zu erlangen gibt es für Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Bei Nichtunterbrechung des Schulbesuches erfolgt die Abklärung mit der jeweiligen (auch einer neu gewählten) Schule. Bei Unterbrechung des Schulbesuches ist die Zustimmung der Gemeinde und die Bewilligung durch die Schulbehörde erster Instanz (Bezirksschulrat) nötig.
Hauptschulabschluss im zweiten Bildungsweg
Die Möglichkeit den Hauptschulabschluss im zweiten Bildungsweg, mit der Hauptschulexternistenprüfung nachzuholen gibt es für nicht mehr Schulpflichtige mit einem Mindestalter von 16 Jahren. Zur Erlangung des Hauptschulabschlusses sind die 13 Fächer der 4. Klasse Hauptschule (HS) positiv abzuschließen. Man wendet sich an die Hauptschule der Wahl, mit dem Nachweis von bereits erbrachten positiven Abschlüssen von Fächern können diese angerechnet werden. Die Prüfungen, für die noch ausstehenden Fächer können an der gewählten Hauptschule (HS) abgelegt werden. Es gibt Institutionen die Vorbereitungskurse für den Hauptschulabschuss anbieten, gegen Entgelt. Diese sind u.a. Berufsförderungsinstitute (BFI), Volkshochschulen (VHS) sowie andere Vereine und Organisationen die meist in einer Region tätig sind.
Der positive Abschluss der Hauptschule ermöglicht den Zugang zu einer weiterführenden Schulbildung und wirkt sich günstig bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz (Lehrstelle) aus.
Berufsreifeprüfung (BRP)
Zugang zu höheren Bildungsabschlüssen
Seit 1997 gibt es für Personen mit beruflicher Qualifikation die Möglichkeit die Berufsreifeprüfung abzulegen. Gesetzlich verankert ist dies im Bundesgesetz. Mit der Vollziehung der Berufsreifeprüfung ist der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur betraut.
Die Idee hinter der Berufsreifeprüfung ist es den Zugang zu höheren Bildungsabschlüssen als lebenslange Möglichkeit zu gewährleisten. Absolventen des dualen Ausbildungssystems (mit Lehrabschussprüfung), von dreijährigen mittleren Schulen und anderen beruflich Qualifizierten stehen mit dem Ablegen der Berufsreifeprüfung die Tore zum höheren Bildungssystem offen. Die Berufsreifeprüfung berechtigt zum Studium an Hochschulen, Universitäten, Fachhochschulen, Akademien und Kollegs, auch eine Einstufung in den gehobenen Dienst beim Bund wird durch sie ermöglicht. Kurz gesagt, die Berufsreifeprüfung kann als gleichwertig zur Matura angesehen werden.
Die Berufsreifeprüfung besteht aus vier Teilprüfungen welche an einer öffentlichen höheren Schule (nach Ansuchen), vor einer Prüfungskommission abgehalten werden. Die vier Teilprüfungen umfassen die Fächer Deutsch, Mathematik, eine lebende Fremdsprache (nach Wahl des Prüfungskandidaten) und eine Prüfung über den Fachbereich des Prüfungskandidaten. Die Prüfungen bestehen aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil, letzterer kann unter gewissen Umständen entfallen.
Zur Prüfungsvorbereitung werden von Institutionen des Bildungssystems Lehrgänge angeboten. Man kann diese Lehrgänge zur Vorbereitung nutzen und im Rahmen der Lehrgänge Abschlussprüfungen ablegen welche als Teilprüfung der Berufsreifeprüfung anerkannt werden. In den Vorbereitungslehrgängen können Fernlehrelemente inkludiert sein, diese Fernunterrichtsphasen dürfen 30 von Hundert nicht übersteigen, im Fachbereich dürfen sie 50 von Hundert nicht übersteigen. Das Mindestausmaß von Vorbereitungslehrgängen beträgt 160 Stunden und im Fachbereich 120 Stunden. Prüfungsvorbereitungskurse werden unter anderem von folgenden Institutionen angeboten: Berufsförderungsinstitute, Berufsschulen, Volkshochschulen, Wirtschaftsförderungsinstitute und andere Anbieter.
Die Zielgruppe der Berufsreifeprüfung stellen Erwachsene dar die im zweiten Bildungsweg die Berufsreifeprüfung ablegen können, daher wird ein Mindestalter von 19 Jahren beim Antreten zur letzten Teilprüfung gefordert. Je nach Vorbildung kann die Ablegung der Berufsreifeprüfung ein bis zwei Jahre dauern.
Studienberechtigungsprüfung (SBP)
Die Studienberechtigungsprüfung (SBP) abzulegen ist für jenen Personenkreis von Interesse welcher über keine anderweitige Hochschulzugangsberechtigung, aber über berufsspezifische Vorbildung verfügt. Die SBP kann berufsbegleitend, im zweiten Bildungsweg abgelegt werden, sie berechtigt zu einem eingeschränkten Hochschulzugang. Die Einschränkung liegt in der jeweiligen Fachrichtung und ein späterer Studienrichtungswechsel ist nur eingeschränkt möglich.
Studienberechtigungsgesetz
Die gesetzlichen Regelungen finden sich im Studienberechtigungsgesetz (StuBerG) und in der Studienberechtigungsverordnung (StuBerVO). Das StuBerG trat mit 30.09.2010 außer Kraft. Ab 1.10.2010 ist die Studienberechtigungsprüfung neu im Paragraph 64a des Universitätsrechts-Änderungsgesetzes 2009 geregelt. Die SBP ermöglicht den Zugang zu jener Ausbildungsform/Studienrichtungsgruppe (Studienrichtung, Fachhochschulrichtung, Pädagogischen Hochschule oder Kolleg), für die sie abgelegt wird. Für die SBP an Pädagogischen Hochschulen gibt es im Hochschulstudienberechtigungsgesetz (HStuBerG) eigenständige Regelungen. Mit der Vollziehung des Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betraut.
Die Voraussetzungen für den Zugang zur SBP sind die Entscheidung für eine Fachrichtung die man studieren will, der Nachweis von Vorkenntnissen/Vorbildung/Vorwissen in dieser Fachrichtung, ein Mindestalter von 20 Jahren, ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache und die Staatsbürgerschaft eines Landes welches Teil des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) ist. Sprachkenntnisse können durch Zeugnisse aus deutschsprachigen Ländern, Zeugnisse des Faches Deutsch (als Fremdsprache) oder durch die Ablegung von entsprechenden Prüfungen, bei denen zumindest die Stufe B2 des europäischen Sprachreferenzrahmens erreicht wurde nachgewiesen werden. Vorkenntnisse können z.B. auch im Rahmen einer Lehrausbildung oder sonstigen beruflichen Tätigkeit erworben worden sein.
Der Antrag auf Zulassung zur SBP ist bei den zuständigen Universität oder Pädagogischen Hochschule einzubringen. Die SBP besteht aus fünf Teilprüfungen, deren Inhalt sich auf die angestrebte Studienrichtung bezieht. Eine Teilprüfung ist das Verfassen eines Aufsatzes zu einem allgemeinen Thema, die übrigen vier Teilprüfungen setzen sich aus den (ein bis drei) Pflichtfächern und den (ein bis drei) Wahlfächern zusammen. Die letzten beiden sind, je nach Studienrichtung unterschiedlich, es findet sich hierfür eine gesetzliche Regelung für jede Fachrichtung. Der Lehrstoff für die Prüfungen orientiert sich an jenem der 12. und 13. Schulstufe. Eine Anerkennung von "Vorqualifikationen" zum Beispiel eines Meisterbriefes ist möglich, diese können ein Wahlfach ersetzen.
Zur Prüfungsvorbereitung werden von Institutionen des Bildungssystems (und Einrichtungen der Erwachsenenbildung) Kurse und Lehrgänge angeboten. Bei diesen Institutionen können bis zu vier Teilprüfungen abgelegt werden, so dass zumindest eine Teilprüfung an der entsprechenden Hochschule verbleiben muss. Die angesprochenen Kurse können auch teilweise Elemente/Phasen des Selbststudiums und/oder der Fernlehre enthalten. Je nach Vorbildung und angestrebter Studienrichtung ist mit einer Dauer von zumindest einem Jahr für die Ablegung der Studienberechtigungsprüfung zu rechnen. Die Anbieter entsprechender Kurse sind vor allem Berufsförderungsinstitute (BFI), Volkshochschulen (VHS), Wirtschaftsförderungsinstitute (WIFI), Universitäten in Österreich und andere Institutionen.
Abendschulen, zweiter Bildungsweg
Abendschulen sind auch als (öffentliche) Schulen für Berufstätige bekannt.
Es handelt sich um Institutionen des zweiten Bildungsweges deren Angebot sich vor allem an berufstätige Erwachsene richtet. Meist sind dies mittlere und höhere berufsbildende sowie höhere allgemeinbildende Regelschulen die am Abend für berufstätige Erwachsene ein Lehrangebot anbieten. Der vermittelte Stoff und die zu erlangende Qualifikation ist mit der Regelschule (=Tageschule) identisch. Vermehrt werden dabei auch Fernlehrelemente und elektronische Medien eingesetzt um die Präsenzphasen an Abenden zu ergänzen.
Auch (andere) private Erwachsenenbildungseinrichtungen bieten ähnliches an, dazu finden Sie unter "private Institutionen" mehr Information.
Berufsbildende Abendschulen
Bei den berufsbildenden Abendschulen sind vor allem die kaufmännischen (Handelsschule und Handelsakademie) sowie die gewerblich-technischen (Höhere Technische Lehranstalt) Schulen von Bedeutung. Die kaufmännischen Abendschulen sind in allen Bundesländern vertreten, besonders dicht ist das Angebot in Niederösterreich (im Osten), in Oberösterreich und in Wien. Höhere Technische Lehranstalten bieten in der Abendform teilweise auch fachgebietsbezogene Formen an, die sich auf gewisse Bereiche spezialisieren. In Oberösterreich gibt es folgendes Angebot von Höheren Technischen Lehranstalten für Berufstätige. In Leonding Datenverarbeitung und Organisation; in Linz Elektronik und Elektrotechnik sowie Maschineningenieurwesen und Wirtschaftsingenieurwesen; in Ried Maschineningenieurwesen; in Vöcklabruck Maschinenbau; in Wels Chemie.
Neben den weit verbreiteten Angeboten der berufsbildenden Schulen gibt es auch Abendangebote von gewerblichen und kunstgewerblichen Schulen, Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik, Bildungsanstalten für Sozialpädagogik, Schulen für Mode und Bekleidungstechnik sowie für künstlerische Gestaltung und Schulen für Sozialberufe.
Das Angebot bei den berufsbildenden Abendschulen ist im Bereich der Handelsakademien und Höheren Technischen Lehranstalten übersichtlich und über Österreich hinweg betrachtet ist das Lehrangebot homogen. Die Fachschulen und "sonstigen" bildenden Schulen für Berufstätige können von Region zu Region unterschiedlich stark vertreten sein und das Lehrangebot ist eher heterogen.
Allgemeinbildende Abendschulen
Wie in der Tagesform der Gymnasien gibt es auch bei den Abendschulen eine Unterscheidung in die Zweige Bundesgymnasium (BG) und Bundesrealgymnasium (BRG). Beide Typen werden teilweise an einem Ort, in einem Gebäude geführt. In Österreich findet man Abendgymnasien den Städten Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz, Salzburg, Villach und Wien.